Ja, Grüß Gott zusammen. Wir haben heute wieder einen hochinteressanten Interview und Gesprächspartner.
Herr Rechtsanwalt Martin Kurze, Sie sind an sich in der Rechtsabteilung eines großen deutschen
Unternehmens bei der Siemens AG, haben aber als Anwalt auch selbst tatsächlich ein Legal Tech
Tool zur Vertragsprüfung entwickelt. Aber vielleicht zuerst zu Ihnen. Sie sind ein Mann aus der Praxis,
Sie sind in der Rechtsabteilung beschäftigt. Was sind Ihre Haupttätigkeitsgebiete als Syndikusanwalt?
Also Adrian, Sie haben es ja schon richtig gesagt. Ich bin in der Siemens Rechtsabteilung,
dort bin ich seit über 17 Jahren mittlerweile und dort kümmere ich mich um das Kraftwerksgeschäft.
Das heißt, juristisch betreue ich Werkverträge über den Verkauf neuer Kraftwerk oder auch
Komponenten davon und kümmere mich auch um alle Rechtsfragen, die damit im Zusammenhang stehen.
Das sind im Grunde Vertragsprüfungsaufgaben, sind dann Ihre Kerngeschäfte letztendlich aus Anlagenverträgen?
Überwiegend geht es darum, Anlagenbauverträge zu prüfen, juristisch auf juristische Risiken
hin zu überprüfen. Man darf verraten, ich hatte auch eine kleine Siemens-Vergangenheit,
das war in den 90er Jahren. Ich war auch tatsächlich damals noch KWU-Verkehrstechniker in der
Energieverteilung und habe mich natürlich an die guten alten Zeiten der Rechtsabteilung
erinnert. So ist da Kontakt auch zustande gekommen zu Ihnen. Der Punkt ist eine Vertragsprüfung
eines solchen Vertrags. Wie muss man sich das vorstellen? Der Vertrag wird wahrscheinlich
nicht in deutscher Sprache geschrieben sein, der wird typischweise in Englisch sein, befürchte ich.
Das ist meistens der Fall. Die Arbeitssprache ist bei uns Englisch und die Verträge sind
meistens auch sehr lang. Da geht es von 50 Seiten bis hin zu 200 Seiten Vertragstext,
die es da zu prüfen gibt. Da gibt es verschiedene Kriterien, wonach wir das prüfen. Zwischen
120 und 200 Prüfpunkten ungefähr muss man da. Ah, okay. Welches Recht wäre typisch
anwendbar? Kann man das sagen? Also ist deutsches Werkvertragsrecht 631 fortfolgende, was unsere
Studenten hier lernen, das zentrale Rechtsgebiet? Also deutsches Recht sehen wir wirklich nur
im rein deutschen Geschäft. Ansonsten sehen wir alles querbeet. Meistens gibt es bei uns
der Auftraggeber vor. Meistens ist es also das Recht am Sitz des Auftraggebers oder aber wenn
große Banken involviert sind, ist es meistens englisches Recht. Aber der Punkt ist, sie haben
trotzdem deutsches Recht studiert. Wir können unseren Studenten Mut machen. Also deutsches Recht
als Grundlage ist nicht verkehrt. Trotzdem kann man internationale Vertragsprüfungen in der
Rechtsabteilung dann machen. Das deutsche Jurastudium denke ich ist ein sehr gute
Voraussetzung für diese Tätigkeit. Weil sie einfach nicht wie in anderen Rechtsordnungen,
die das auswendig lernen, von Gesetzen oder Entscheidungen zu beinhalten, sondern eigentlich
eine Methode lehrt, die auch international angewendet werden kann. Das freut mich natürlich. Ich bin
ein großer Fan der juristischen Methodenlehre und deswegen sitzen wir heute auch hier im Grunde.
Der Punkt ist noch schnell, wir haben letztendlich vier Dinge, die das Leben eines Jurastudenten hier
in Deutschland schwierig machen, wenn er dann mal später Rechtsabteilung-Syndikusanwalt wie sie zum
Beispiel bei Siemens werden will. Im Grunde ist er vierfach entfernt von dem, was ihre Praxis ist,
habe ich aus ihrem letzten Vortrag ein bisschen so mitgenommen. Erstens, wir würden ja ausbilden
zum Richter und nicht zum vertragsprüfenden Anwalt. Zweitens, wir würden ausbilden letztendlich
ein Urteil oder ein Rechtsgutachten zu schreiben, aber eben nicht wirklich die Vertragsprüfung.
Wir bilden im Grunde nur in deutscher Sprache aus, nach deutschem Recht und wir bilden im Grunde
rechtsdogmatisch aus, aber nicht rechtsprozessdienstleistungsmäßig. Also der
Dienstleistungs, Rechtsdienstleistungsprozess, wie muss man sich den eigentlich vorstellen?
Wer kommt zu Ihnen? Sie sitzen in Ihrer Rechtsabteilung und wer fragt Sie jetzt eigentlich
um Rat? Sind es Siemens interne Abläufe oder wie geht das? Das sind in der Regel Siemens interne
Mandanten, wie Sie auch nennen oder neuenglisch Business Partner. Das sind also meistens dann
Vertriebsleute, die ein neues Projekt akquirieren wollen, einen neuen Vertrag, ein neues Kraftwerf
verkaufen möchten. Die kommen dann zu uns und sagen, es gibt hier diese Ausschreibung,
diese beinhaltet einen Vertragstext. Wir bitten Sie, diesen mal auf die rechtlichen
Risiken hin zu überprüfen. Dann ist im ersten Schritt wäre das dann eben diese reine Analyse
nach den Risiken, die darin sind. Dann machen wir Vorschläge, wie man diesen Vertrag ändern
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:15:33 Min
Aufnahmedatum
2021-02-01
Hochgeladen am
2021-02-01 18:56:26
Sprache
de-DE
Wie wird in der Rechtsabteilung eines großen deutschen Unternehmens (Siemens AG) gearbeitet? Wie funktioniert die Vertragsprüfung mit Hilfe eines eigenen Vertragsprüfungs-Tools und welche Funktionen hat dieses? Verbirgt sich in diesem Tool künstliche Intelligenz? Ist ein solches Vertragsprüfungs-Tool auch auf andere Bereiche übertragbar und dort anwendbar? Videointerview von Herrn Rechtsanwalt Martin Kurtze (Siemens AG) durch Notar und Lehrbeauftragten Prof. Dr. Axel Adrian (FAU).